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6 Monate Selbständigkeit – und was ich wirklich gelernt habe
Selbständig sein? Das war lange ein Wunsch, aber kein Plan.
Dann wurde ich plötzlich arbeitslos. Kein Rückhalt, kein Netz. Also bin ich gesprungen. Und ja – rückblickend war es die richtige Entscheidung. Aber nicht, weil es leicht war.
Im Gegenteil.
Die Arbeit selbst? Kein Problem.
Dafür habe ich die letzten zehn Jahre trainiert, aufgebaut, mitgedacht, mitgearbeitet.
Was mir keiner beigebracht hat:
Wie es sich anfühlt, im Finanzamt zu sitzen und kein Wort zu verstehen.
Wie man sich fragt, ob man das Gewerbe jetzt gerade richtig angemeldet hat – oder ob man gleich in irgendeine Falle tappt.
Wie hilflos man sich fühlt, wenn man merkt, dass all das scheinbar selbstverständlich ist für andere – aber für einen selbst komplettes Neuland.
Ich komme nicht aus einem Unternehmerhaushalt. Ich komme aus einem Arbeiterhaushalt.
Kein Netzwerk, kein finanzielles Polster, keine Ratschläge aus der Familie.
Und das hier ist auch kein "Oh, das arme Arbeiterkind" Text. Ganz im Gegenteil.
Es ist ein Text über Vertrauen.
Darüber, sich selbst ernst zu nehmen.
Sich trotzdem reinzustürzen – obwohl man nicht alle Antworten kennt.
Denn was ich gelernt habe in diesen sechs Monaten:
Du kannst an einem Tag das Gefühl haben, die beste Entscheidung deines Lebens getroffen zu haben – und ein paar Stunden später daran zweifeln, ob du überhaupt weißt, was du da tust.
Ich habe Kund:innen gewonnen. Und auch verloren.
Ich habe mit Bands gearbeitet. Kreative Prozesse geleitet. Strategien entwickelt.
Ich habe gelernt, dass Erwartungshaltungen oft das sind, woran Zusammenarbeit steht oder fällt – und dass es unfassbar wichtig ist, früh darüber zu sprechen.
Ich habe gelernt, dass Selbständigkeit nicht heißt, immer stark zu sein.
Sondern zu wissen, wann man Hilfe braucht. Und wann man sich selbst wieder auffangen kann.
Und ich habe gelernt, dass ich doch ein Netzwerk habe.
Vielleicht nicht auf den ersten Blick. Aber durch das Teilen meines Weges, durch ehrliche Gespräche mit Freund:innen und das einfache Mitteilen, dass dieser Schritt in meinem Leben wichtig ist – habe ich ganz unbewusst den ersten Stein gelegt.
Und plötzlich kamen Möglichkeiten, die ich vorher nicht gesehen hätte.
Ich habe gemerkt:
Das Leben kann ziemlich großartig sein, wenn man sich entscheidet, sich selbst zu vertrauen.